Wie an den Klimawandel anpassen? - Eindrücke einer Veranstaltung in München

Cordula Kropp, Andrea Gebhard, Thomas Zeilinger, Elisabeth Merk und Jan Wörner (von links nach rechts) saßen am 14. Januar in der Evangelischen Stadtakademie München gemeinsam auf dem Podium.
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Ob Trocken- und Hitzeperioden oder Starkregenereignisse: Klimaveränderungen machen Extremereignisse wahrscheinlicher und treffen auch Großstädte. Stadtverwaltungen sind also gefragt, entsprechende Anpassungskonzepte und Zukunftsvisionen zu entwickeln – das gilt auch für München, die mit rund 1,5 Millionen Einwohnenden drittgrößte Stadt Deutschlands. Wie sich die bayerische Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren verändert hat, wo klimagerecht gebaut wurde und warum Münchens Stadtplaner manchmal ein dickes Fell benötigen, darum ging es bei acatech am Dienstag am 14. Januar in München. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Evangelischen Stadtakademie München statt und wurde live im Internet übertragen.

„Der Klimawandel wird auch in Deutschland immer spürbarer“, eröffnete acatech Präsident Jan Wörner die Abendveranstaltung in den Räumlichkeiten der Evangelischen Stadtakademie München und erinnerte dabei nochmal an die Hochwasserkatastrophen in der jüngeren Vergangenheit. Es brauche daher „realistische Zukunftsvisionen“ dafür, wie die Menschen in Deutschland unter diesen veränderten Bedingungen wohnen und leben können.

acatech Mitglied und Techniksoziologin Cordula Kropp von der Universität Stuttgart schloss daran an und entwarf in ihrem Vortrag eine Vision für die „Stadt im Klimawandel“. Für eine wachsende Metropole wie München, in der aufgrund des stetigen Zuzugs weiterhin viel neuer Wohnraum geschaffen werden muss, sei es wichtig, auf eine „klimaverträgliche Nachverdichtung“ zu achten: Bestenfalls sollten nur bereits versiegelte Flächen nachverdichtet werden (zum Beispiel, indem man in die Höhe baut), es sollte über kompensatorische Maßnahmen wie Dachbegrünungen nachgedacht werden und man sollte auf klimaschonende Baumaterialien setzen. Cordula Kropp nannte das Münchner Werksviertel, das in den letzten Jahren auf dem ehemaligen Werksgelände des Kartoffelproduzenten Pfanni entstanden ist, als ein gutes Beispiel für klimaverträgliche Nachverdichtung.
Ohne Dialog geht es nicht

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Thomas Zeilinger, Beauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern für Ethik im Dialog mit Technologie und Naturwissenschaft, wurde die wissenschaftliche Perspektive auf das Thema Stadtplanung um Einblicke aus der Praxis ergänzt: Mit Andrea Gebhard, Stadtplanerin und Präsidentin der Bundesarchitektenkammer sowie der Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk schilderten zwei ausgewiesene Expertinnen ihre Erfahrungen. Beide verwiesen auf die Herausforderungen, die es auf dem Weg zur modernen und klimagerechteren Stadt zu meistern gelte. Das Experiment einer Teilsperrung der Kolumbusstraße in München-Giesing, bei dem im Sommer 2023 Autoparkplätze temporär Rollrasenflächen und Hochbeeten weichen mussten, habe beispielsweise zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Anwohnenden geführt, berichtete Elisabeth Merk, die das Projekt zusammen mit der TU München umgesetzt hatte. Dabei habe man sich im Vorfeld sehr darum bemüht, die Stadtteilbevölkerung ausreichend zu informieren und mit ins Boot zu holen. Ohne Dialog und Einbindung der Bürgerinnen und Bürgern könne Stadtplanung ohnehin überhaupt nicht funktionieren.

Trotz der bei diesem Projekt aufgetretenen Schwierigkeiten, fügte Cordula Kropp an, sei es wichtig, weiterhin zu experimentieren. Sie verwies auf das Beispiel der spanischen Millionenstadt Barcelona, die vielen als Referenz für gelungene Stadtplanung und Quartiersentwicklung gilt. Auch dort seien in der Vergangenheit jedoch zahlreiche Experimente gescheitert. Man habe aber eben auch sehr vieles ausprobiert und sich nicht entmutigen lassen.

Ja, es sei aufwendig, den Dialog mit den Menschen zu führen, erwiderte acatech Präsident Jan Wörner eine Frage bei der anschließenden offenen Diskussion mit den rund 70 anwesenden Gästen. Einerseits sei man bei der Umsetzung eines Projekts auf diesem Wege meistens trotzdem schneller – und andererseits blieben den Verantwortlichen in der Regel negative Schlagzeilen und eine kräftezehrende mediale Diskussion erspart. Grundvoraussetzung dafür, dass die Zukunftsvision einer klimagerechteren Großstadt auch wahr wird, sei jedoch die Unterstützung seitens der Politik, so Jan Wörner. Entsprechend beunruhigt sei er, dass das Thema Klimawandel von der Politik aktuell wieder nachrangiger behandelt werde.

Das Original dieser Meldung finden Sie hier auf der Webseite von acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.